„Erste Hilfe“ für Gläubiger bei Forderungsaußenständen

Hohe Forderungsaußenstände sind nicht nur ärgerlich, sie können auf Dauer den Bestand Ihres Unternehmens gefährden.

Dies gilt umso mehr, wenn die Eigenkapitaldecke des Unternehmens „dünn“ ist. Fällt dann noch ein Kunde mit beträchtlichen Zahlungen aus, kann es sehr schnell im eigenen Unternehmen „eng“ werden.

Aus dem Engpass entwickelt sich eine vorübergehende oder gar dauerhafte Zahlungsunfähigkeit. – Der Fortbestand Ihres Unternehmens ist in Gefahr.

Die erste Idee ist nicht immer die beste

Ihre Lieferanten sind bereits ungehalten, weil sie ihr Geld nicht fristgerecht erhalten haben. Sie möchten Ihren Zahlungsverpflichtungen gerne nachkommen, können aber nicht, weil Ihre eigenen Kunden die Rechnungen nicht zum Fälligkeitszeitpunkt begleichen.

Jetzt haben Sie mehrere Möglichkeiten, um den Zahlungsengpass zu beheben. Das Nächstliegendste: Die Außenstände müssen reduziert werden.

Überblick verschaffen – welche Forderungen sind längst fällig?

Ihren Zahlungsengpass werden Sie daher auf Dauer nur dann in den Griff bekommen, wenn Sie sich intensiv mit den längst fälligen Forderungen beschäftigen. Die notwendigen Informationen liefert Ihnen in der Regel selbst ganz einfache Buchhaltungssoftware. Das setzt freilich voraus, dass die Buchhaltung eingerichtet und gepflegt wird, also Buchungen zeitnah vorgenommen werden.

Wann ist eine Forderung fällig?

Bevor Sie sich nun an die Arbeit machen und sich den „Offenen Posten“ widmen, stellt sich die Frage, wann eine Forderung überhaupt „fällig“ ist. Mit „Fälligkeit“ wird der Zeitpunkt beschrieben, zu dem der Kunde beispielsweise den Rechnungsbetrag zu begleichen hat.

Nach den allgemeinen Regeln des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) ist eine Zahlung gemäß § 271 Abs. 1 BGB grundsätzlich sofort fällig, sofern mit dem Kunden keine anderslautende Vereinbarung getroffen worden ist. Neben dieser allgemeinen Regelung gibt es eine Reihe von weiteren gesetzlichen Regelungen, welche die Fälligkeit bei bestimmten Vertragsarten regeln.

Wozu muss ich den Kunden überhaupt in Verzug setzen?

Eigentlich ist die Sache doch klar: Die Zahlung war zu einem bestimmten Zeitpunkt fällig, der Kunde hat nicht gezahlt. Wozu sollen Sie ihn jetzt noch mahnen?

Die Antwort ist einfach: Fälligkeit und Verzug sind nicht gleichbedeutend.

Erst mit dem Eintritt des Verzuges können Sie von dem zahlungsunwilligen Kunden jenen Schaden ersetzt verlangen, der Ihnen durch die verspätete Zahlung entsteht.

Den Schuldnerverzug lösen Sie in der Regel durch eine Mahnung aus. Ausnahmsweise kann der Verzug auch ohne Mahnung eintreten, wenn die Leistungszeit nach dem Kalender bestimmt ist. Ausnahmsweise kann der Verzug auch ohne Mahnung eintreten, wenn sich die Leistung aufgrund des vorherigen Eintritts eines Ereignisses bestimmen lässt.

Ohne Mahnung kommt der Kunde bei einer Geldschuld spätestens 30 Tage nach Erhalt der Rechnung in Verzug, wenn der Verbraucher ausdrücklich in der Rechnung darauf hingewiesen worden ist.

Welche Folgen ergeben sich aus dem Verzug?

Mit dem Eintritt des Verzuges können Sie den Verzugsschaden, der Ihnen durch die Zahlungsverzögerung entstanden ist, geltend machen. In erster Linie werden Sie von Ihrem Kunden Verzugszinsen verlangen.

Sofern es sich bei Ihrem Kunden um einen Verbraucher handelt, können Sie Verzugszinsen, die maximal 5 % über dem geltenden Basiszinssatz liegen, bei Kunden, die nicht Verbraucher sind, können seit der Änderung durch das Gesetz zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Jahr 2000 höchstens 9 % über dem jeweils geltenden Basiszinssatz geltend machen.

Ziele und Maßnahmen setzen

Oberste Priorität hat nun die Beseitigung des Liquiditätsengpasses. Dazu müssen

  • die offene und längst fällige Forderungen beigetrieben werden.
  • dauerhaft zusätzlich Maßnahmen in die Wege geleitet werden, um Forderungsausfälle möglichst gering zu halten.

Manchmal zeigt es sich, dass sich die Zahlungsverzögerungen quer Beet über den gesamten Kundenstamm verteilen. Dass nicht alle Kunden gleich sind, ist nichts Neues. Haben Sie diese Erkenntnis schon mal in Ihrem Forderungsmanagement umgesetzt?

Mahninstrumente effektiv einsetzen

Bisher haben Sie Ihre Kunden in einem mehr oder weniger eingehaltenen Mahnrhythmus zur Zahlung aufgefordert. Gut formulierte Mahntexte sind zwar ein wichtiger Baustein in einem aktiven Forderungsmanagement, doch Papier ist bekanntlich geduldig.

Wenn Ihr säumiger Kunde bisher auf die mehr oder weniger freundlich formulierten Mahnschreiben nicht reagiert hat, werden Sie selbst mit einer „letzten Mahnung“ keine besondere Wirkung erzielen.

Raus aus der Anonymität

Anders sieht es bei einem Telefonat aus. Selbst für den Schuldner ist die Hemmschwelle deutlich höher, ein begonnenes Gespräch abrupt zu beenden, als einen Brief unerledigt liegen zu lassen.

Zahlungsprobleme lassen sich in einem Gespräch bzw. Telefonat in der Regel recht schnell erörtern und meist gelingt es, eine gemeinsame und verbindliche Lösung zu finden. Verweigert der Kunde das Gespräch, dann bleibt Ihnen nichts anderes übrig, als rasch die Konsequenzen zu ziehen.

In jedem Fall sollten Sie das Gespräch mit dem Kunden genauso sorgfältig vorbereiten, wie Sie es bei einer Neuakquisition tun.

Lösungsvorschläge erarbeiten

Das Gespräch kann nur dann erfolgreich sein, wenn Sie sich vor dem Beginn des Gesprächs klare Ziele setzen:

  • Am Ende des Gesprächs muss eine klare Zahlungsvereinbarung stehen.
  • Legen Sie einen fixen Zahlungstermin fest, zu dem Sie vom Kunden den vereinbarten Betrag spätestens erwarten.
  • Legen Sie einen Mindestbetrag für eine Teilzahlung oder die Höhe einer Ratenzahlung fest, die Sie erwarten, wenn der Kunde den Betrag nicht auf einmal begleichen kann.

Überlegen Sie bereits im Vorfeld, welche Konsequenzen Sie bei einer weiteren Zahlungsverzögerung in Betracht kommen, wie

  • ein Lieferstopp
  • die Lieferung nur noch gegen Vorkasse
  • die Einschaltung eines Rechtsanwaltes oder eines Inkassounternehmens zur Beitreibung der Forderung.

Besprechen Sie mit dem Kunden außerdem, wie in Zukunft sichergestellt werden kann, dass er pünktlich zahlt, soweit Sie ihn weiter beliefern bzw. Dienstleistungen für ihn erbringen wollen.

Das Gespräch

Während des Gesprächs heißt es in erster Linie sachlich bleiben, auch wenn der Frust über die unbezahlten Rechnungen groß ist.

Tipp

Fallen Sie nicht gleich mit der Tür ins Haus, sondern beginnen Sie mit einer neutralen Darstellung des Sachstandes.

Geben Sie dem Kunden die Gelegenheit, von sich aus einen Lösungsvorschlag zu unterbreiten.

Dieser wird freilich nicht in allen Punkten mit Ihren Vorstellungen übereinstimmen. Nun geht es darum, den bestmöglichen Kompromiss auszuhandeln.

Lässt sich keine Einigung erzielen, sollten Sie die Konsequenzen klar und deutlich ansprechen. Und: Wiederholen Sie am Ende des Gesprächs die getroffene Vereinbarung noch einmal.

Nicht in allen Fällen wird es gelingen, mit dem Kunden eine Vereinbarung zu schließen. In diesem Fall müssen Sie bereit sein, die angekündigten Maßnahmen konsequent durchzusetzen. Andernfalls werden Ihre „Drohungen“ zum „zahnlosen Tiger“.

Zahlungsvereinbarungen haben ihre Tücken

Selbst der Abschluss einer Zahlungsvereinbarung birgt so manche Stolperfalle.

Wenn Sie einige Punkte berücksichtigen, dann nehmen Sie dem Kunden die Gelegenheit für eine weitere Verzögerungstaktik:

  • Statt sofort eine Ratenzahlungsvereinbarung mit dem Kunden zu schließen, sollten Sie als Erstes von ihm eine Teilzahlung verlangen, die deutlich höher ist, als eine der geplanten monatlichen Raten.
  • Setzten Sie für die Leistung der ersten Teilzahlung eine relativ kurze Frist.
  • Warten Sie den Zahlungseingang ab.
  • Erst wenn der vereinbarte Betrag fristgerecht auf Ihrem Konto eingegangen ist, schließen Sie mit dem Kunden die Ratenzahlungsvereinbarung in der zuvor vereinbarten Höhe.

Eine Ratenzahlungsvereinbarung können Sie wie folgt formulieren:

„Die noch offene Forderung in Höhe von [Forderungshöhe in Euro] ist in [Anzahl der Raten] Raten, fällig jeweils am [Datum, zu dem jeweils die Raten fällig sind] nebst [Prozentsatz Zinsen] zahlbar.“  

Tipp

Versehen Sie die Ratenzahlungsvereinbarung unbedingt mit einer sogenannten Verfallklausel!

Diese Klausel kann wie folgt lauten:

„Sollte der Kunde [Name] mit einer Rate länger als [Anzahl] Tage in Verzug geraten, dann ist die gesamte Restforderung, einschließlich [Prozentsatz Zinsen] Zinsen über dem derzeit gültigen Basiszinssatz zur sofortigen Zahlung fällig.“

Wenn es sich um eine hohe Forderung handelt, sollten Sie gleichzeitig darüber nachdenken, Ihren Zahlungsanspruch abzusichern.

Der Kunde ist „unbekannt verzogen“?

Der Albtraum eines jeden (Online-)Händlers oder Dienstleisters: Sie haben vertragsgemäß die bestellte Ware versandt/die Dienstleistung erbracht, die Rechnung geschrieben, eine Mahnung geschickt, Ihr Kunde reagiert nicht. Der letzte Brief kam mit dem Vermerk „Unbekannt verzogen“ zurück.

„Die Guten beliefern, die Schlechten aussortieren“

Im Zeitalter des Online-Handels erwarten die Kunden eine schnelle und unkomplizierte Lieferung. Hier kann ein „Waschabgleich“ der hauseigenen Daten mit den Daten einer anderen aktuellen Datenbank eines entsprechenden Dienstleisters viel Arbeit und Ärger ersparen. Dabei werden die Adressdaten des Bestellers mit dem Datenbestand eines Dienstleisters abgeglichen.

Sollten Negativmerkmale wie ein laufendes Inkassoverfahren, ein Mahn- oder Vollstreckungsbescheid, eine eidesstattliche Versicherung oder ein Haftbefehl bekannt sein, dann wird die Adresse aussortiert – Ihre Daten also „gewaschen“.

Nicht immer steckt freilich eine böse Absicht dahinter, wenn Sie Post von Ihren Kunden mit dem Vermerk „Unbekannt verzogen“ zurückbekommen. Daneben gibt es leider auch den Profischuldner.

Was können Sie tun, um den vergesslichen Kunden vom Profischuldner zu unterscheiden? Und vor allen Dingen: Wie können Sie den säumigen Schuldner wiederfinden?

Ein paar Hinweise gibt es schon, um „die Spreu vom Weizen“ zu trennen. Bei dem Kunden, der in der Hektik eines Umzugs vergessen hat, seine neue Anschrift mitzuteilen, werden Sie früher oder später eine neue Adresse in Erfahrung bringen.

Der Umgang mit dem Schuldenprofi

Anders sieht es dagegen beim Schuldenprofi aus. Der denkt gar nicht daran, sich seine Post nachsenden zu lassen. Wozu auch? Sein Ziel ist es ja gerade, „befreit“ von den unliebsamen Briefsendungen zu leben. Und schließlich besteht seine Taktik im Wesentlichen darin, Zeit zu gewinnen. Sie sind jetzt erst einmal damit beschäftigt, seine neue Adresse herauszufinden – und das dauert!

Was können Sie nun konkret unternehmen, um den verschollenen Schuldner aufzuspüren?

Eine schnelle und kostengünstige Überprüfung einer angegebenen Adresse verspricht die Deutsche Post AG mittels Anschriftenprüfkarte. Wesentlich einfacher lässt sich die Anschriftenprüfung mit dem WebsiteCheck der Deutschen Post AG durchführen.

Die Anfrage beim Einwohnermeldeamt ist nicht nur eine mühsame, sondern auch nicht unbedingt Erfolg versprechende Angelegenheit. Nach wie vor gibt es in Deutschland kein zentrales Melderegister.

Schuldner träumen häufig von einem „Neustart“ im Ausland. Sie wollen ihr altes Leben hinter sich lassen und glauben, in einem neuen Land mit neuen Menschen um sich herum, noch einmal von vorne beginnen zu können.

Selbst wenn eine Auslandsanschrift bekannt ist, hat dies so seine Tücken. Oft wird eine falsche bzw. nicht existente Anschrift angegeben, manchmal ist die Anschrift unvollständig.

Die Methoden der Rechercheprofis

Im Internet gibt es inzwischen zahlreiche Angebote zur Adressrecherche. Was bieten die Profis zu ganz unterschiedlichen Preisen, was Sie selbst nicht auch könnten?

Neben einer Abfrage bei den Einwohnermeldeämtern zu recht unterschiedlichen Preisen werden von einigen Anbietern Archivauskünfte und Auslandsrecherchen angeboten. Teilweise wird auf die Sterbedatenbank zurückgegriffen.

Wenn das nicht weiterhilft, können die meisten Anbieter auf vorhandene hauseigene Daten oder auf externe Datenbanken zugreifen. Das erhöht die Chancen, doch irgendwann eine aktuelle Anschrift zu erhalten.

Schuldner wollen weiter konsumieren. Ein neuer Handyvertrag lockt oder ein interessantes Angebot im Internet-Handel lässt sie zugreifen. Unter der bisher unbekannten Anschrift wird bestellt und die Falle schnappt zu, wenn der Adressdienstleister die richtigen Daten aus einer externen Konsumentendatenbank geliefert bekommt.

Tipp

Vergewissern Sie sich immer, ob die richtige Person ermittelt wurde. Das Geburtsdatum ist deshalb ein wesentliches Identifizierungsmerkmal.

Manche Schuldner wechseln nämlich nicht nur laufend den Wohnort, sondern sind auch „Spezialisten“ in der Namensänderung. Sechs bis acht neue Nachnamen innerhalb von 10 bis 15 Jahren sind keine Seltenheit.

Von einigen Recherche-Profis wird zusätzlich ein sogenanntes Monitoring angeboten für die Fälle, in denen die gesuchte Person durch die Standardabfragen nicht ermittelt werden kann.

Neue Wege – Social Media

Es lohnt sich sowohl bei Privatpersonen als auch Unternehmen auch im Internet recherchieren.

Viele Schuldner tauchen zwar aufgrund ihres Schuldenberges unter oder setzen sich ins Ausland ab. Trotzdem – oder gerade deshalb – wollen sie es – in erster Linie ihren Gläubigern – so richtig zeigen. Sie posten munter in Social Media drauf los, was sie gerade machen oder nicht tun – nämlich arbeiten.

Es lohnt sich daher, immer mal wieder in Social Media unterwegs zu sein, um zu sehen, wer mit wem „verknüpft“ ist. Viele Personen geben ungewollt sehr viel mehr preis, als ihnen lieb ist. Nicht selten lassen sich auf diesem Wege neue Anhaltspunkte für eine Recherche finden.

Neu – Der Gerichtsvollzieher auf den Spuren des Schuldners

Mit dem Gesetz zur Reform der Sachaufklärung in der Zwangsvollstreckung sind auf die Gerichtsvollzieher eine Reihe neuer Aufgaben zugekommen.

Unter bestimmten Voraussetzungen kann die Schuldneranschrift jetzt vom Gerichtsvollzieher im Zusammenhang mit der Zwangsvollstreckung ermitteln zu lassen.

Freilich kochen auch Gerichtsvollzieher „nur mit Wasser“, d. h., sie erfragen in erster Linie die neue Anschrift beim Einwohnermeldeamt. Führt das nicht zu einer neuen Anschrift, kann der Gerichtsvollzieher beim

  • beim Träger der gesetzlichen Rentenversicherung
  • dem Kraftfahrt-Bundesamt
  • dem Ausländerzentralregister

eine Anfrage stellen.

Achtung

Eine Anfrage bei den genannten Stellen ist dem Gerichtsvollzieher nur möglich, wenn die zu vollstreckenden Ansprüche mindestens 500 Euro betragen.

Diese Möglichkeiten helfen Ihnen freilich nicht weiter, solange sie keinen vollstreckbaren Titel gegen den Schuldner in der Hand halten.