Wenn Patienten die Rechnung nicht zahlen: Rezepte für Ärzte

Der Umgang mit unbezahlten Patientenrechnungen

Selbst Ärzte, Zahnärzte und Angehörige der nichtmedizinischen Heilberufe bleiben nicht da-von verschont: Patienten bezahlen die Arztrechnung nicht oder erst nach mehrmaligem Mahnen. Eine im Auftrag der Stiftung Gesundheit durchgeführte Studie im Jahr 2011 zeigte die Ausmaße: Jeder dritte Arzt hatte danach Verluste im vierstelligen Bereich zu verzeichnen. Was liegt also anderes auf der Hand, als ein funktionierendes Forderungsmanagement in der Arztpraxis zu installieren.

Doch hier gibt es einen deutlichen Unterschied zu anderen „Unternehmen“. Schließlich steht die ärztliche Schweigepflicht im Fokus. Dieser Beitrag geht der Frage nach, wie Ihnen als Arzt/Zahnarzt oder Angehöriger eines Heilberufs den Spagat zwischen ärztlicher Schweigepflicht und der Forderungsbeitreibung gelingt.

Arzt und Unternehmer

Medizinisches Wissen allein reicht heute nicht aus, um eine Arztpraxis auf Dauer gewinnbringend zu führen. Unabdingbar für die Unternehmensplanung ist es, Leistungen für Privatpatienten anzubieten und Kassenpatienten für IGeL-Leistungen zu interessieren. Wie alles im Leben hat freilich auch das zwei Seiten. Zwar ist das Erbringen solcher Leistungen für den Arzt wesentlich lukrativer, die Kehrseite beschert ihm Zahlungsverzögerungen bis hin zu unbezahlten Rechnungen.

Die Gründe für das verspätete Begleichen des Arzthonorars oder gar das Ausbleiben der Zahlungen sind vielschichtig. Unter den „Big Six“ an Ursachen für eine Überschuldung rangiert neben der Arbeitslosigkeit, gefolgt von der Trennung/Scheidung auf Rang drei ausgerechnet die Krankheit als Grund.

Forderungen erfolgreich beitreiben: Forderungsmanagement beginnt in der eigenen Praxis

Ärzte übersehen – wie im Übrigen auch Unternehmer, Selbstständige und andere Freiberufler allzu gerne, dass auch andere Ursachen eine Rolle spielen: die Abläufe in der eigenen Praxis. Nun gehören „Rechnungserstellung“ und „Patienten mahnen“ nicht gerade zum Kerngeschäft medizinischer und nichtmedizinischer Heilberufe. Sie stellen für viele – und hier sind Ärzte und nichtmedizinischen Heilberufe erneut keine Ausnahme – ein eher lästiges Übel dar, dem man sich hin und wieder widmen muss.

Wenn der Betreiber eines Online-Shops, der Provider für einen Internet-Anschluss oder die Lieferanten von Gas, Wasser oder Strom die ausstehenden Rechnungsbeträge anmahnen, haben sie alle eines gemeinsam: Die Verbindung zwischen Kunden und Lieferant verläuft eher anonym. Das ist im Arzt-Patientenverhältnis anders. Die Bindung zwischen Arzt und Patient geht weit über die normale „Kundenbindung“ hinaus. Das hindert viele Ärzte daran, ihre säumigen Patienten frühzeitig an die Begleichung der noch offenen Rechnung zu erinnern.

Die Grundlage – der Behandlungsvertrag zwischen Arzt und Patient

Wer meint, die Forderungsbeitreibung in der Arztpraxis beginne erst beim Mahnen, im günstigsten Fall vielleicht schon bei der Rechnungsstellung, der übersieht einen wesentlichen Gesichtspunkt. Ein Anspruch auf ärztliches Honorar entsteht nur dann, wenn zwischen Arzt / Zahnarzt und dem Patienten ein wirksamer Behandlungsvertrag geschlossen worden ist.

Die durch das Patientenrechtegesetz eingefügte Vorschrift des § 630a BGB (= Bürgerliches Gesetzbuch) regelt den Behandlungsvertrag näher und stellt nun klar: Auf das Behandlungsverhältnis sind die Regelungen des Dienstverhältnisses anwendbar.

Die wirtschaftliche Aufklärungspflicht

Die wirtschaftliche Aufklärungspflicht, die bisher nicht gesetzlich geregelt war, ist nunmehr ausdrücklich in § 630c Abs. 3 BGB verankert.  Grundsätzlich ist der Patient vor Beginn der Behandlung über die voraussichtlich entstehenden Kosten der Behandlung zu informieren. – Und zwar schriftlich.

Ist die wirtschaftliche Aufklärungspflicht nicht erfolgt, hat das für den Behandler erhebliche Konsequenzen:

• Der Honoraranspruch lässt sich ggf. nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten durchsetzen. – Der erste Stolperstein für ein erfolgreiches Forderungsmanagement kann damit schon recht frühzeitig gesetzt sein.

Rechnungserstellung und Umsatzsteuer

Sind diese Hürden erst einmal genommen, heißt es, rasch handeln.

Erstellen Sie die Rechnung unverzüglich – das heißt – umgehend nach Leistungserbringung.  Je mehr Zeit zwischen der Behandlung der Rechnungsstellung vergeht, umso weniger erinnert sich der Patient an die Details der Behandlung.

Bei der Rechnungserstellung ist darauf zu achten, dass die Rechnung sowohl ordnungsgemäß als auch vollständig erstellt wird. Insbesondere die Gebührenordnungen der Ärzte und Zahnärzte stellen besondere Anforderungen an eine korrekte Honorarabrechnung.

Zankapfel: Umsatzsteuer bei ärztlichen Leistungen

Das Umsatzsteuergesetz (UStG) unterwirft den Unternehmer der Umsatzsteuer, wobei nicht zwischen Freiberuflern und Gewerbetreibenden differenziert wird. Als Unternehmertum gilt daher jede selbstständig ausgeübte gewerbliche oder freiberufliche Tätigkeit, mithin also auch die Tätigkeit als Arzt, Zahnarzt in der eigenen Praxis oder einer Praxisgemeinschaft. Allerdings sieht § 4 Nr. 14 UStG für Heilbehandlungen in der Humanmedizin eine Umsatzsteuerbefreiung vor.

Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat in einem Rundschreiben vom 19.06.2012 ausgeführt, dass

• bei Maßnahmen, die aufgrund ärztlicher Indikation, nach ärztlicher Verordnung oder im Rahmen einer Vorsorge- oder Rehabilitation erbracht werden, § 4 Nr. 14 UStG greift.

Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass für eine ärztliche Leistung, die nicht diesen Anforderungen entspricht, Umsatzsteuer anfällt.

Solange lediglich umsatzsteuerfreie Leistungen erbracht werden, regelt § 12 GOÄ abschließend den Inhalt der Rechnung. Ein Hinweis auf die Steuerbefreiung ist darin nicht vorgesehen. Sobald jedoch (zusätzlich) umsatzsteuerpflichtige Leistungen erbracht worden sind, muss die Rechnung den Anforderungen des § 14 Absatz 4 UStG entsprechen. In diesem Fall ist also anzugeben, welche Leistungen von der Umsatzsteuer befreit sind und welche nicht.

Fälligkeit und Verjährung (k)ein Buch mit sieben Siegeln

Die Fälligkeit und Verjährung spielen im Rahmen des Forderungsmanagements eine wesentliche Rolle.  Die Fälligkeit beschreibt den Zeitpunkt, ab dem Sie vom Patienten verlangen können, Ihre Rechnung zu begleichen.

Das wirft freilich gleich die nächste Frage auf: Wann kann der Arzt die Bezahlung des ärztlichen Honorars vom Patienten verlangen? Für einen Dienstvertrag stellt § 614 Satz 1 BGB klar, dass die Vergütung nach der Leistung der Dienste zu entrichten ist. Ergänzend kommen die besonderen Bestimmungen in den Gebührenordnungen der Ärzte/Zahnärzte hinzu. Sie enthalten nämlich abweichend von den allgemeinen Regeln des BGB besondere Regelungen zur Fälligkeit von Honoraren.

Nach den Bestimmungen des § 12 GOÄ bzw. § 10 GOZ wird eine Vergütung für ärztliche Leistungen erst dann fällig, wenn dem Zahlungspflichtigen eine Rechnung erteilt wurde, die den Vorgaben der GOÄ/GOZ entspricht.

Wenn einerseits die Fälligkeit erst mit der Rechnungsstellung beginnt, heißt das andererseits nicht, dass sich Ärzte und Zahnärzte für die Geltendmachung ihrer Honoraransprüche alle Zeit dieser Welt nehmen können. Honoraransprüche unterliegen nämlich einer dreijährigen Verjährungsfrist. Die Frist beginnt jedoch nicht bereits mit dem Zugang der Rechnung zu laufen, sondern erst mit dem Ende des Jahres, in dem die Fälligstellung erfolgt ist. Das ergibt sich aus § 199 Absatz 1 Nr. 1 BGB i.V. m. § 12 GOÄ bzw. § 10 GOZ.

Wozu den Patienten in Verzug setzen?

Sie haben die Rechnung ordnungsgemäß nach den Vorgaben der Gebührenordnung erstellt und dem Patienten zukommen lassen. Ihr Honorar ist damit fällig. Der Patient zahlt jedoch nicht. Müssen Sie den Patienten jetzt mahnen – und was bringt das eigentlich?

Das Honorar ist nun zwar fällig, aber der Patient befindet sich mit der Zahlung noch nicht im Verzug. Erst der Verzug setzt die Verzugsfolgen in Gang. Und erst dann, wenn der Rechnungsempfänger sich im Zahlungsverzug befindet, können Sie von ihm neben dem Honorar zusätzlich den Ersatz jener Aufwendungen verlangen, die im Zusammenhang mit der verspäteten Zahlung entstehen. Das sind neben Verzugszinsen und den Kosten für Mahnschreiben später vor allen Dingen die Gerichts- und Anwaltskosten, die beispielsweise durch die gerichtliche Geltendmachung der Forderung entstehen.

Am einfachsten geschieht das In-Verzug-Setzen durch eine Mahnung. Mit der Mahnung hat also einen doppelten Effekt. Sie fordern einerseits den Patienten dazu auf, den fälligen Betrag zu zahlen und setzen ihn gleichzeitig in Verzug.

Es geht freilich auch ohne Mahnung. Wenn Sie nämlich auf der Rechnung ein festes Kalenderdatum angegeben haben, zu dem die Rechnung spätestens beglichen sein muss, dann befindet sich der Patient an dem Tag im Zahlungsverzug, der auf den letzten Tag dieser Zahlungsfrist folgt.

Eine Mahnung ist zudem entbehrlich, wenn Sie den Patienten ausdrücklich in der Rechnung darauf hingewiesen haben, dass er nach Ablauf einer Frist von 30 Tagen nach Erhalt der Rechnung automatisch in Verzug gerät, wenn er nicht zahlt. Dies regelt ausdrücklich § 286 Absatz 3 BGB.

Noch immer halten sich in der Forderungsbeitreibung zahlreiche Irrtümer. Dazu gehört das Gerücht, der säumige Kunde bzw. Patient müsse mindestens drei Mal gemahnt werden, bevor weitere Schritte in die Wege geleitet werden können. Unter den oben genannten Voraussetzungen genügt eine einzige Mahnung, um den Patienten in Verzug zu setzen. Ob Sie weitere Mahnungen versenden, bleibt daher Ihnen überlassen.

Sehen Sie ein Mahnschreiben auch unter dem Gesichtspunkt, dass es ein guter Anlass ist, mit dem Patienten (wieder) ins Gespräch zu kommen. Denken Sie dabei strategisch: Sie sollten deshalb stets Gesprächsbereitschaft zeigen und Ihre säumigen Patienten zum Dialog auffordern.