Bittere Medizin für Ärzte und Angehörige der Heilberufe: der Patient zahlt nicht

Ärzte, Zahnärzte und zahlreiche Angehörige der Heilberufe unter  unterliegen der Schweigepflicht nach § 203 Strafgesetzbuch – und haben deshalb besondere Hürden zu überwinden, damit aus Nichtzahlern dauerhaft zahlende Patienten werden. Die gute Nachricht lautet jedoch: Auch für Ärzte und Angehörige der Heilberufe gibt es Mittel und Wege, um Forderungen erfolgreich einzuziehen!

Die folgenden Tipps zum Forderungsmanagement gelten speziell für

  • Ärzte und Zahnärzte, aber auch für
  • für Angehörige der nichtärztlichen Heilberufe mit einer staatlich geregelten Ausbildung, wie zum Beispiel die nichtärztlichen Psychotherapeuten nach dem Psychotherapeutengesetz,
  • (selbstständige) Krankenschwestern und -Pfleger, Hebammen, Masseure,
  • Physiotherapeuten, Ergotherapeuten, Logopäden.

die in einer eigenen Praxis Leistungen privat abzurechnende Leistungen erbringen.

Sie gelten grundsätzlich auch für Heilpraktiker, mit der Einschränkung, dass Heilpraktiker nicht der Schweigepflicht gemäß § 203 StGB unterliegen und deshalb einen „Stolperstein“ weniger bei der Forderungsbeitreibung zu bewältigen haben.

Diese Tipps gelten gleichermaßen für Angehörige nichtärztlicher Heilberufe.

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Wie gut Ihre Praxis in Sachen Forderungsbeitreibung aufgestellt ist, sagt Ihnen unsere Checkliste.

Forderungsbeitreibung in der Praxis

Ärzte, Zahnärzte und Angehörige nichtärztlicher Heilberufe (also in erster Linie Physiotherapeuten, Ergotherapeuten, Logopäden, Masseure, etc.) haben eines gemeinsam: Neben der ganz alltäglichen Tätigkeit in der Praxis fällt lästiger Papierkram an. Dazu gehört das Erstellen von Rechnungen für Leistungen, die der Patient privat begleichen muss.

Und leider ist es mit dem Schreiben der Rechnungen nicht immer getan. Es gibt auch Patienten, die Rechnungen nicht bezahlt. Der Ärger über offene Forderungen bleibt Ärzten/Zahnärzten sowie Angehörigen eines nichtärztlichen Heilberufs mit eigener Praxis deshalb nicht erspart. Sie müssen sich genauso mit unbezahlten Rechnungen herumschlagen wie andere Unternehmer. Deshalb führt kein Weg daran vorbei, ein gut funktionierendes Mahnwesen zu installieren.

Wir stellen Ihnen in diesem Leitfaden einige praktisch umsetzbare Regeln zum Umgang mit säumigen Patienten vor. Das wird sich schnell finanziell bemerkbar machen. Allerdings gilt auch hier, wie bei den Empfehlungen, die Sie Ihren Patienten auf den Weg geben: Helfen können sie nur bei systematischer Umsetzung.

Schuldner ist nicht gleich Schuldner

Der eine oder andere Patient hat tatsächlich schlicht und einfach vergessen, den Rechnungsbetrag fristgerecht zu überweisen. Hier hilft eine Zahlungserinnerung, die durchaus freundlich gestaltet sein darf. Andere Nichtzahler werden selbst die immer noch allzu gern verschickten drei Mahnschreiben wenig beeindrucken.

Wie lassen sich die unterschiedlichen Schuldnertypen voneinander unterscheiden? Wie geht man mit einem notorischen Schuldner um? Wie kommt man doch noch zu seinem Geld?

Bei genauerer Betrachtung der nichtzahlenden Patienten trennt sich die Spreu vom Weizen:

  • Der eine hat einen vorübergehenden finanziellen Engpass, weil sich gerade jetzt die Waschmaschine verabschiedet hat, die Autoversicherung fällig ist oder die älteste Tochter Geld für die Klassenreise benötigt. Die Rechnung des Arztes oder Physiotherapeuten liegt zwar auf dem Stapel der unbezahlten Rechnungen – allerdings ziemlich weit unten.
  • Dann gibt es Patienten, welche die Behandlung dringend nötig hatten, aber deren finanzielle Situation gerade aufgrund der krankheitsbedingten Arbeits- oder Berufsunfähigkeit so angespannt ist, dass sie den Rechnungsbetrag nicht begleichen.
  • Und schließlich gibt es noch eine dritte Kategorie: den notorischen Schuldner, der erst gar nicht daran denkt zu bezahlen. Er setzt von vornherein darauf, dass Sie es ohnehin „dicke“ haben, auf sein Geld gar nicht angewiesen sind und der Betrag schon irgendwie durch die Ritzen fällt. Solche Prachtexemplare gibt es auch unter Patienten. Banken, Sparkassen, Leasingunternehmen, Telekommunikationsanbieter, Versandhändler etc. können von solchen Kunden ohnehin ein Lied singen.

Bei Schusseligen und vorübergehend Zahlungsunfähigen lassen sich Lösungen finden. Bei der dritten Sorte Nichtzahler ist dagegen Vorsicht geboten.

Gezielte Maßnahmen statt „Gießkannenprinzip“

Als Arzt oder Angehöriger nichtärztlicher Heilberufe sind Sie gegenüber dem klassischen Unternehmer gleich zweifach im Vorteil. Zum einen kennen Sie den Patienten persönlich, möglicherweise bereits seit längerer Zeit und haben es leichter, das Gespräch aufzunehmen. Vielleicht wissen Sie so auch schon bereits, wo das Problem liegt, weil Sie beispielsweise von einer längeren Erkrankung, Arbeitslosigkeit, einer Trennung oder Scheidung erfahren haben. (Dies sind einige der Hauptursachen dafür, dass Menschen unvorhergesehen und unverschuldet in einen Zahlungsengpass geraten.)

Aus dem Zahlungsengpass kann auf Dauer jedoch eine Zahlungsunfähigkeit werden, sofern sich die Umstände nicht zum Guten wenden.

Reden ist Geld wert

Zum anderen verfügen Sie aufgrund Ihrer Berufserfahrung über genügend Einfühlungsvermögen, um aus der Situation das Beste zu machen.

Reden kann in dieser Situation nämlich Geld wert sein. Zwar sollten Sie wie jeder andere Unternehmer Ihren „Kunden“, den Patienten, zunächst einmal an die ausstehende Zahlung erinnern. Doch Papier ist bekanntlich geduldig.

Deshalb sollten Sie mit dem Patienten persönlich ins Gespräch zu kommen, und zwar bei der nächsten Gelegenheit: sei es bei seinem nächsten Besuch, sei es, dass Sie einfach anrufen.

Allerdings bedarf ein solches Gespräch einer guten Vorbereitung. Sie sollten sich vorher klar darüber werden, zu welchen Zugeständnissen Sie unter welchen Voraussetzungen bereit sind. Meist wird es auf eine Ratenzahlungsvereinbarung hinauslaufen. Die Zahlungsvereinbarung sollte unbedingt klar und schriftlich vereinbart werden, dasselbe gilt für den Fall, dass Sie dem Patienten die Zahlung für eine bestimmte Zeit stunden.

Manche Schuldner sind ein Fall für Profis

Die dritte Kategorie „Schuldner“ widersetzt sich freilich diesem Ansinnen gleich in mehrfacher Hinsicht. Allzu oft werden Sie feststellen müssen, dass Rechnungen und Mahnungen mit dem Vermerk „Unbekannt verzogen“ zurückkommen. Jetzt beginnt der mühsame Weg der Adressrecherche. Selbst wenn es Ihnen gelingen sollte, eine neue Anschrift zu ermitteln, zeigen sich diese Schuldner meist als „verhandlungsresistent“. Sie haben nämlich gar kein Interesse daran, eine Zahlungsvereinbarung zu treffen.

Stattdessen versuchen diese Nichtzahler ein perfides Spiel, auf das Sie sich nicht einlassen sollten. Die mildeste Variante besteht darin, dass Ihnen der Patient ganz überzeugend darlegt, die Rechnung sei doch längst beglichen, es müsse sich wohl um einen Fehler in Ihrer Buchhaltung handeln. Wenn Sie daraufhin Ihre Zahlungseingänge überprüfen, hat der Schuldner Ihnen den Ball erfolgreich zurückgespielt – denn das kostet Zeit. Genau das will er erreichen – Zeit gewinnen, um jetzt nicht zahlen zu müssen. Wenn Sie sich auf dieses Spiel einlassen, haben Sie schon verloren. Er wird recht bald die nächste Variante aus dem Hut zaubern. Deshalb hilft nur eines: „Wehret den Anfängen“. Um im Bild zu bleiben: Halten Sie den Ball in der gegnerischen Hälfte. Meint der Patient, er habe doch alles bezahlt, dann bitten Sie ihn, Ihnen umgehend (im Sinne von „sofort“) eine Kopie des Zahlungsbelegs oder Kontoauszugs per E-Mail oder Fax zu übermitteln. Vorsicht: Auch dabei sind schon Fälschungen verschickt worden.

Die Trickkiste des zahlungsunwilligen Patienten ist damit aber noch lange nicht leer. Als nächstes wird er behaupten, die von Ihnen erbrachte Leistung weise Mängel auf. Dieser beliebte Trick wird gern und überall angewandt, weil er so gut funktioniert – ob es sich um den neu gelieferten Fernseher handelt oder um eine Zahnreinigung. Hauptsache, der Spieß ist wieder umgedreht und Sie als Gläubiger sind wieder in der Position, sich rechtfertigen müssen.

Nun kann es natürlich tatsächlich immer der Fall sein, dass ein Patient mit einer Behandlung unzufrieden ist oder er mit irrigen Vorstellungen über die Erfolgsaussichten in die Behandlung eingewilligt hat. In diesem Fall hilft nur reden, um die Missverständnisse aufzuklären und einen Kompromiss zu finden.

Der „unredliche“ Schuldner, wie ich ihn an dieser Stelle einmal nennen will, hat daran aber gar kein Interesse. Er will sich ja nicht wirklich beschweren, er will nur die Zahlung verhindern. Deshalb ist ein Fall für den „Profi“.

Achtung Stolperfalle: die Schweigepflicht

Ob Sie nun immer neue Einwände hören oder aber eine Ratenzahlungsvereinbarung abgeschlossen, aber nicht eingehalten wird: In manchen müssen Sie sich Gedanken darüber machen, ob es auf außergerichtlichem Weg doch noch einen Möglichkeit gibt, um zu Ihrem Geld zu kommen. Ab diesem Punkt unterscheidet sich die Situation von Ärzten und nichtärztlichen Heilberufen vom „normalen“ Unternehmer.

Während sich der Unternehmer keine großen Gedanken darüber machen muss, wenn er ein Inkassounternehmen oder einen Rechtsanwalt mit der weiteren Beitreibung der Forderung beauftragt, steht Ärzten und zahlreichen Angehörigen nichtärztlicher Heilberufe die Schweigepflicht gemäß § 203 StGB im Wege.

Die Vorschrift des § 203 StGB stellt den genannten Berufsgruppen die „Offenbarung“ eines fremden Geheimnisses unter Strafe, das ihnen anvertraut worden oder auf andere Art bekannt geworden ist.

Die Strafvorschrift des § 203 StGB gilt

  • für Ärzte und Zahnärzte
  • für Angehörige der nichtärztlichen Heilberufe mit einer staatlich geregelten Ausbildung, wie zum Beispiel die nichtärztlichen Psychotherapeuten nach dem Psychotherapeutengesetz, (selbstständige) Krankenschwestern und -Pfleger, Hebammen, Masseure, Physiotherapeuten, Ergotherapeuten, Logopäden – nicht jedoch für Heilpraktiker!
  • für berufsmäßig tätige Gehilfen wie medizinische Fachangestellte oder die Sekretärin der Praxis sowie
  • für Personen, die sich bei Ihnen zur Ausbildung oder Berufsvorbereitung, also für ein Praktikum aufhalten.

Dummerweise lässt sich kaum bestreiten, dass Patientendaten weitergegeben werden, wenn die Abrechnung des Honorars und das Geltendmachen der Forderung durch Dritte erfolgen. Dafür müssen schließlich Name, Anschrift, die Diagnose(n) und alle Behandlungen übermittelt werden.

Das hat für die betroffenen Ärzte/Zahnärzte oder Angehörigen nichtärztlicher Heilberufe Konsequenzen: Sie dürfen offene Forderung nicht einfach Dritten zum Einzug übergeben.

Achtung

Auch die Weitergabe von Patientendaten zu Abrechnungszwecken an eine privatärztliche oder gewerbliche Verrechnungsstelle verstößt ohne Einwilligung gegen die ärztliche Schweigepflicht.

Dagegen gibt es leider kein Heilmittel, deshalb hilft hier nur eines: Rechtzeitig vorbeugen. Lassen Sie Patienten, bei denen eine Privatliquidation in Betracht kommt (also beispielsweise auch bei IGeL-Leistungen) routinemäßig eine Einwilligungserklärung unterschreiben. Denn damit sind Sie rechtlich auf der sicheren Seite.

Achtung

Die Einwilligungserklärung muss zwingend vor Behandlungsbeginn eingeholt werden.

Allerdings reicht nicht irgendeine Einwilligungserklärung. Die höchstrichterliche Rechtsprechung hat im Laufe der Jahre die Anforderungen an eine wirksame Einwilligungserklärung konkretisiert. Danach reicht es nicht aus, dass der Patient pauschal in die Weitergabe seiner Daten einwilligt. Er muss konkret darüber aufgeklärt werden, zu welchem Zweck die Weitergabe dient.

Die Einwilligungserklärung sollte daher wie folgt aussehen, damit sie den Anforderungen entspricht.

Einwilligung zur Abtretung

Ich erkläre mich damit einverstanden, dass der umseitig genannte Arzt/ Zahnarzt/Angehörigen eines nichtärztlichen Heilberufs zum Zweck der Erstellung der Rechnung sowie zur Einziehung und der ggf. gerichtlichen Durchsetzung der Forderung alle hierzu notwendigen Unterlagen, insbesondere meinen Namen, Anschrift, Geburtsdatum, Leistungsziffern, Rechnungsbetrag, Behandlungsdoku­mentation, Laborrechnungen, Formulare etc. an die [Name der Abrechnungsstelle] weitergibt.

Insoweit entbinde ich den Arzt / Zahnarzt/Angehörigen eines nichtärztlichen Heilberufs ausdrücklich von seiner ärztlichen Schweigepflicht und stimme ausdrücklich zu, dass der Zahnarzt die sich aus der Behandlung ergebende Forderung an [Name der Abrechnungsstelle] abtritt.

Ich bin mir bewusst, dass nach der Abtretung der Honorarforderung mir gegenüber die [Name der Abrechnungsstelle] als Forderungsinhaberin auftritt und deshalb Einwände gegen die Forderung – auch soweit sie sich aus der Behandlung und der Krankengeschichte ergeben – im Streitfall gegenüber der [Name der Abrechnungsstelle] zu erheben und geltend zu machen sind und der mich behandelnde Zahnarzt als Zeuge vernommen werden kann.

Auch damit ist leider noch nicht allen Anforderungen Genüge getan. Der Datenschutz muss noch bedacht werden. Die Einwilligungserklärung muss ergänzt werden.

Einwilligung nach dem Datenschutzgesetz

Ich bin gleichfalls damit einverstanden, dass meine persönlichen Daten und meine Behandlungsdaten von dem Arzt/Zahnarzt/Angehörigen eines nichtärztlichen Heilberufs und der [Name der Abrechnungsstelle] – ggf. elektronisch – erhoben, gespeichert, verarbeitet, genutzt und übermittelt werden zum Zweck der Erstellung der Honorarrechnung sowie der Einziehung und ggf. gerichtlichen Durchsetzung der Forderung.

Erst die Einwilligungserklärung erlaubt es Ihnen, im Falle einer offenen Forderung Dritte mit der Beitreibung zu beauftragen. Dann können Sie, wenn es nötig wird, ebenso eine (ärztliche) Verrechnungsstelle wie ein Inkassounternehmen nutzen.

Fünf wichtige Regeln, die Sie in Ihrer Praxis unbedingt einführen sollten:

  • Einwilligungserklärung vor Behandlungsbeginn einholen.
  • Rechnungen direkt nach Abschluss der Behandlung.
  • Mahnung sofort bei Fälligkeit
  • Bei jedem Vorgang den„Schuldnertyp“ feststellen,
  • Reaktionsweise darauf einstellen